Generali COO Rainer Sommer beim Auftakt der LEONESSA Vortragsreihe
In unserem Mitarbeiter-Netzwerk LEONESSA stehen starke Frauen im Rampenlicht – entweder live und in Farbe oder in spannenden Geschichten wie beim virtuellen LEONESSA-Talk mit Rainer Sommer, der mit persönlichen Anekdoten Einblicke in seinen Weg bis in den Vorstand der Generali Deutschland gegeben hat.
Bei LEONESSA geht
es vorrangig um die Stärkung von Frauen in ihrer Karriere bei der Generali.
Inwiefern ist Ihnen dieses Thema wichtig?
Für mich steht hier gar nicht so sehr die Geschlechter-Frage im
Vordergrund, sondern vielmehr die Frage nach Talenten und ihren
Karrieremöglichkeiten. Als Manager ist es mir wichtig, dass diejenigen, die mit
Engagement und Leidenschaft zielstrebig bei der Sache sind, sich auch
entwickeln und vorankommen können, und nicht unnötig ausgebremst werden. Auf
jedem Karriereweg gibt es Hürden. Und um die zu überwinden, braucht man Mut und
Durchhaltevermögen. Für richtig große Hürden noch mehr Mut und im besten Fall
auch Unterstützung – in Form von klugen Ratschlägen oder starken Vorbildern. Auf
jeden Fall darf man sich nicht entmutigen und vom eigenen Weg abbringen lassen.
Ganz egal, welches Geschlecht man hat.
Unter Ihren
Vorbildern waren einige starke Frauenpersönlichkeiten. Inwiefern haben diese
Sie geprägt?
Meine beiden Mathe-Kommilitoninnen – die einzigen Frauen in unserem
Semester damals – haben eindrucksvoll gezeigt, was es heißt, Rückgrat und Mut
zu haben, aus der grauen Masse herauszustechen und für die eigenen Werte einzustehen.
Danach richtet sich auch heute noch mein Kompass aus. Den Sinn für eine klare
Analyse, den Fokus auf ein gutes Ergebnis und auf das, was uns nach vorne
bringt, hat mir meine einstige Managerin, Astrid Stange, mit auf den Weg
gegeben. Was ich bei ihr gelernt habe, vor allem auch in puncto Zusammenarbeit,
Teamwork und Kommunikation, ist bis heute Maxime meiner Arbeitsweise.
Heißt das, für Sie sind Frauen die besseren Führungskräfte?
Nein. Das können Männer genauso. 🙂 Die Fähigkeiten von Frauen und Männern lassen sich ja nicht pauschalisieren. Wenn es wirklich rein „männliche“ und „weibliche“ Stärken gäbe, dürfte der Logik nach nur das dritte Geschlecht in Führungspositionen. Wir haben vielleicht manchmal den Eindruck, dass Frauen sich in einigen Dingen leichter tun als Männer und andersrum. Aber das ist letztlich auch durch Erziehung und Bildung beeinflusst. Deswegen sollte bei der Talentförderung nicht die Frage nach dem Geschlecht im Vordergrund stehen, sondern nach den Fähigkeiten, Eigenschaften und Qualifikationen. So halte ich das auf jeden Fall bei der Teamaufstellung. Das hat sich bisher immer bewährt.
Das Geschlecht
spielt für Sie bei der Teamaufstellung also gar keine Rolle?
Doch, aber eben in Hinsicht auf Vielfalt. Erwiesener Maßen funktionieren
gemischte Teams einfach besser. Sie sind produktiver und innovativer. Diese
Erfahrung habe ich selbst auf meinen bisherigen Stationen gemacht.
Dementsprechend achte ich auf eine gesunde Mischung in meinem Team. So, dass
sich die unterschiedlichen Stärken ergänzen und anspornen. Ganz gleich, ob Mann
oder Frau, still oder extrovertiert – ich habe klare Grundanforderungen, die
jemand erfüllen muss – z.B. Fairness, eine eigene Meinung, die Fähigkeit
zuzuhören, analytisch zu denken, klar zu kommunizieren und den Willen zur
Extrameile.
Wenn es also nicht ums Geschlecht geht, warum haben wir dann in deutschen Unternehmen noch deutlich weniger Frauen in Führungspositionen?
Wenn ich dafür die Lösung hätte, würden wir darüber gar nicht reden müssen. Zwar ist die Zeit des offensichtlichen Chauvinismus vorbei, aber in den Tiefenstrukturen haben wir noch große Baustellen. Schauen wir beispielsweise in die Talentpipeline für höhere Management-Positionen. Schon dort sind Frauen deutlich unterrepräsentiert. Dafür gibt es viele Faktoren: rein private oder gesellschaftliche, wie Geschlechterklischees für Berufsbilder. Natürlich können wir als Unternehmen Maßnahmen wie Quoten und Förderprogramme ausrollen. Aber wir müssen schon viel früher ansetzen – eben auch indem wir erfolgreiche Frauenvorbilder noch sichtbarer machen. Was dann im Umkehrschluss auch die Attraktivität zukunftsweisender Berufsbilder für junge Mädchen erhöht.
Den LEONESSA Talk organisiert haben Kim Strohal und Heike Schroeder, die mit dem LEONESSA Netzwerk ambitionierte Kolleginnen in ihrer Karriere unterstützen – u.a. mit Networking Events und Vorträgen.
Text: Susanne Gehrke